Buchhinweis:New Challenges for Data Design

New Challenges for Data Design. Herausgegeben von David Bihanic. 447 Seiten, Springer-Verlag London, 2015. ISBN 978-1-4471-6595-8. Gebunden: EUR 181,89. E-Book (PDF/EPUB): EUR 142,79.


10.04.2015, TR

In dem bei Springer erschienenen, durchgehend vierfarbigen Sammelband „New Challenges for Data Design“ geht es um die Frage, inwieweit auf dem Gebiet der Informations-Visualisierung der Herausforderung durch die Datenflut der Gegenwart begegnet werden kann. Der Herausgeber gab den Autorinnen und Autoren dabei freie Hand: Jeder Beitrag sollte einen Standpunkt zu einem Thema seiner eigenen Wahl darlegen. „Data Design“ wird dabei mehr noch als nach meinem eigenen Verständnis künstlerisch aufgefasst. Dies zeigt sich schon an den von den Autorinnen und Autoren angegebenen Berufen: neben Designern und Forschern finden sich hier solche Bezeichnungen wie „Code Artist“, „Information Designer“, „Data Visualizer“, „Visual Storyteller“ oder „Visual Data Scientist“. Einige haben einen technisch-mathematischen, fast alle einen künstlerischen Hintergrund. Und fast allen ist gemein, dass sie in jüngster Zeit mit vielbeachteten und aufsehenerregenden Visualisierungen in Erscheinung getreten sind. Das rechtfertigt m.E. den Ansatz, sie ohne engere Vorgaben schreiben zu lassen, macht aber eine Gliederung nicht eben leicht. Die insgesamt 16 Beiträge sind 7 Teilen zugeordnet (maximal drei Beiträge einem Teil), hätten aber genau so gut auch nach anderen Kriterien zusammengefasst und sortiert werden können. Manche Beiträge muten recht exotisch an, wie derjenige einer Archäologie des Digitalen, bei der mehrere Millionen Geocities-Homepages vor ihrer Löschung 2009 archiviert und im Rahmen einer künstlerischen Installation aufbereitet wurden (Richard Vijgen, Big Data, Big Stories), oder einer zu Illustrationsmöglichkeiten für das Thema Nachhaltigkeit (Arlene Birt, Sustainability: Visualized) oder Ausführungen zu dem Design von Ohrringen mit einem 3D-Drucker, basierend auf Visualisierungen von Reisestrecken (Sha Hwang und Rachel Binx, Encoding Memories). Die meisten Beiträge verstehen unter Datendesign jedoch die statische oder interaktive Visualisierung quantitativer Daten. So werden etwa Beispiele von Arbeiten für Zeitungsmagazine beschrieben (Ben Willers, Show, Don’t Tell; Giorgia Lupi, The New Aestetic of Data Narrative), die sehr detailreich eine Fülle von Informationen beeindruckend kompakt wiedergeben. Hervorzuheben ist für mich der Beitrag des Herausgebers, der programmatisch anhand einiger Vsualisierungs-Projekte aus dem Big Data Bereich die Grundlagen von Gestaltungsprinzipien überdenkt (David Bihanic, Giving Shape to Data) – freilich, ohne dabei die grundlegende Ästhetik-Theorie von Leland Wilkinsons Grammar of Graphics zu erwähnen. Weiterhin hinzuweisen ist auf allgemeine Hinweise von Alberto Cairo, was man tun und lassen sollte (Reflections on the Challenges and Pitfalls of Evidence-Driven Visual Communication) oder auf den Appell von Scott Murray, dass Statistiker von Designern lernen sollten und umgekehrt (Changing Minds to Changing the World). Aber auch die weiteren Beiträge, auf die hier nicht im einzelnen eingegangen werden kann, liefern eine Fülle von interessanten Einsichten.
Den letzten Teil schließlich bilden, wie schon in Alberto Cairos vielgelobtem Buch „The Functional Art„, Interviews mit Datendesignern, die aufgrund ihrer Originalität ausgewählt wurden und oftmals wertvolle Hinweise auch zu den praktischen Aspekten des Datendesigns liefern.
Insgesamt ist es unglaublich beeindruckend zu sehen, was Designerinnen und Designer mit Daten machen können. Auch die theoretische Auseinandersetzung zu den ästhetischen Grundlagen des Datendesigns befindet sich auf hohem Niveau. Nach wie vor bilden jedoch die Bereiche der designorientierte Infografik- und Datenvisualisierung auf der einen und der statistischen Grafik / grafischen Datenanalyse auf der anderen Seite zwei Welten, die nicht so recht zusammenkommen (s.o.). Bereits vor Jahren haben hierzu zwei Statistiker, Andrew Gelman und Antony Unwin, eine Diskussion angestoßen (Infovis and Statistical Graphics: Different Goals, Different Looks, in: Journal of Computational and Graphical Statistics 22/1 (2013), S. 2-28. Diskussionsbeiträge von Robert Kosara, Paul Murrell, Hadley Wickham S. 29-44, Antwort S. 45-49). Sie müsste weitergeführt werden.
Neben der gedruckten Version bietet Springer auch eine E-Book-Variante an. Wenn man diese erworben hat und sich bei SpringerLink einen Account anlegt, kann man sich das Buch jederzeit in den Formaten EPUB und PDF herunterladen.
Es ist zu hoffen, dass der hohe Preis die wünschenswerte weite Verbreitung des Buches nicht allzu sehr verhindert.

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Wiedergabe des Buchumschlags mit freundlicher Genehmigung des Verlags.